Donnerstag, 3. Juli 2014

Das Persönliche Budget wird in der Behandlung Suchtkranker noch immer kaum umgesetzt


Sozialrechtlich werden Suchtkranke den seelisch Behinderten zugerechnet und können deshalb auch Leistungen nach dem Neunten Sozialgesetzbuch beanspruchen.

Hier heißt es in § 17 Abs. 2:  „Auf Antrag können Leistungen zur Teilhabe auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Bei der Ausführung des Persönlichen Budgets sind nach Maßgabe des individuell festgestellten Bedarfs die Rehabilitationsträger, die Pflegekassen und die Integrationsämter beteiligt. Das Persönliche Budget wird von den beteiligten Leistungsträgern trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht“.

Dieses persönliches Budget kann bereits seit 2004 von behinderten Menschen beantragt werden, seit dem 01.01.2008 gibt es jedoch einen Rechtsanspruch darauf. Das PB ist eine neue Leistungsform mit dem Ziel, die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit behinderter Menschen zu stärken und ihnen individuell passende Hilfen zu vermitteln.

Bislang wenden sich Menschen mit Suchtproblemen in der Regel an eine Suchtberatungsstelle, von wo aus ein Antrag auf ambulante oder stationäre Behandlung bei der zuständigen Renten- oder Krankenversicherung gestellt wird. Diese weist dem Versicherten darauf – bei stationärer Therapie – einen Behandlungsplatz in einer von ihr favorisierten Klinik zu. Wünsche des Betroffenen sollen zwar berücksichtigt werden, jedoch spielen die (regionalen und finanziellen) Interessen der Versicherungen bei der Zuweisung meist eine erhebliche Rolle. Bei Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets können sich suchtkranke Menschen nun jedoch aussuchen, was, wo, wie, von wem sie Unterstützung in welcher Form annehmen. In einem trägerübergreifenden Bedarfsfeststellungsverfahren werden Behandlungsziele aufgestellt und die Art und Höhe der individuellen budgetfähigen Leistungen festgestellt. Teilnehmer eines solchen Bedarfsfeststellungsverfahrens ist neben der Antrag stellenden Person, dem Beauftragten des Leistungsträgers und gegebenenfalls weiterer Leistungsträger auch eine Vertrauensperson des Antragstellers.

Was im übrigen Behindertenbereich bereits seit Jahren engagiert umgesetzt wird, trifft aber leider im Bereich der Suchtkrankenhilfe noch immer auf teils massive Hindernisse. Allem Anschein nach haben weder die Leistungsträger noch die Träger der Beratungsstellen und Suchtkliniken bislang ein Interesse daran, sich auf ein Persönliches Budget einzulassen. Dabei spielen möglicherweise Ängste vor einer zu großen Eigenständigkeit der Klienten eine Rolle. Tatsächlich könnten sie sich zukünftig weniger an traditionelle Suchtberatungsstellen wenden, sich für ihre Behandlung Kliniken aussuchen, die ihr Kostenträger nicht favorisiert und dann eben in der Behandlung selbst als alleiniger Kunde auftreten, der z. B. individuelle Ansprüche stellt oder die Dauer seiner Behandlung selbst bestimmt. Die Behandler, die bislang primär gegenüber den Renten- / Krankenversicherungen verpflichtet sind, müssten also ihr Tun sehr viel mehr vor ihren Patienten verantworten. Chancen und Risiken eines Persönlichen Budgets wurden unter anderem im Rahmen eines FDR – Fachtags  diskutiert: Persönliches Budget in der Suchthilfe

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